Ausstellung

19. Sep 2019 – 12. Jan 2020

Das Verschwinden der Mittelschicht / The Vanishing Middle Class

Ort: Kunsthaus

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  • The Vanishing Middle Class / Das Verschwinden der Mittelschicht, 2014. © Lisl Ponger
    The Vanishing Middle Class / Das Verschwinden der Mittelschicht, 2014. © Lisl Ponger

Gibt es sie noch, die westlichen Mittelschichten, ihre kulturellen Rituale und Statussymbole? Oder handelt es sich um eine vom Verschwinden bedrohte Kultur? Wenn ja, wie könnte man kurz vor ihrem möglichen Ende noch ihre Geschichte erzählen und dokumentieren?

Drei Ausstellungen im Kunsthaus Dresden kreisen um Motive von Aufstieg und Niedergang. Neben Beiträgen von internationalen Künstler*innen wird anhand von Tapeten aus Geldscheinen, Golfbällen und dem Evacuation-Kit der Lehman-Brothers-Bank, einer Sammlung von Monopoly-Spielen und zahlreichen gefälschten Markenprodukten erzählt, wie die weltweite Einführung von Finanzflüssen und westlichen kulturellen Standards die Welt fundamental verändert haben – und wie die Mittelschichten möglicherweise auf ihr eigenes Verschwinden Einfluss nehmen .

Denn mit welchen Bildern und welchen Beschreibungen Identität hergestellt wird, damit beschäftigt sich die österreichische Künstlerin Lisl Ponger bereits seit vielen Jahren. Dabei gehört die Darstellung „anderer“ Kulturen in der Ethnologie und Anthropologie zum bevorzugten Gegenstand ihrer künstlerischen Arbeit. Lisl Pongers fiktives Museum, das Museum für fremde und vertraute Kulturen, kurz MuKul, wird ab dem 20. September im Kunsthaus zu Gast sein. Mit Hilfe der Methoden der klassischen Rettungsethnologie, der Sicherung von Zeugnissen einer vom Verschwinden bedrohten Kultur, präsentiert das Museum in Dresden unter Leitung von Lisl Ponger eine an Objekten wie auch Bilddokumenten reiche Ausstellung zum Verschwinden der Mittelklasse.

Darüber hinaus reflektieren zwei parallele Sonderausstellungen mit künstlerischen Positionen aus Nordamerika und Europa, Lost Horizons (mit künstlerischen Beiträgen von David Bradley, Carole Condé & Karl Beveridge, Rajkamal Kahlon, Ryts Monet, Nicholas Galanin, Tim Sharp, Fred Wilson) und Lisl Ponger: Indian(er) Jones I-V (…it belongs in a museum) verlorene Horizonte der Mittelschicht und den kritischen Umgang mit den kolonialen Präsentationsformen und Sammlungslogiken ethnologischer Museen. Mit den Mitteln der Gegenwartskunst erzählen sie Geschichten vom Umgang mit indigenen Wissen und vom Kampf um Land und Selbstbestimmung in den spätkapitalistischen Gesellschaften des 21. Jahrhunderts.

Veranstaltungen:

  • Ausstellung

    Ort: Kunsthaus

    Do, 19. Sep 2019, 19 Uhr

    Eröffnung

    Zur Eröffnung laden wir ganz herzlich ein!

  • Ausstellung

    Ort: Kunsthaus

    Do, 19. Sep 2019 – So, 12. Jan 2020

    Lost Horizons

    Sonderausstellung im Erdgeschoss

    Für die von Lisl Ponger kuratierte Sonderausstellung Lost Horizons wurden internationale Künstler*innen eingeladen. Mit den Mitteln der Gegenwartskunst erzählen ihre Werke vom verlorenen Glauben der Mittelschicht an einen möglichen wirtschaftlichen Aufstieg und dessen Ursachen sowie vom Umgang mit indigenen Wissen und dem Kampf um Land und Selbstbestimmung in den spätkapitalistischen Gesellschaften des 21. Jahrhunderts. Der kritische Blick auf die musealen Präsentation aus einer Perspektive auch jenseits von Europa thematisiert die Orientierungssuche ethnologischer Museen – in diesem Fall verlorene Horizonte – und hinterfragt  die Zukunftsfähigkeit kolonialer Sammlungen und Präsentationsformen.

     

  • Ausstellung

    Ort: Kunsthaus

    Do, 19. Sep 2019 – So, 12. Jan 2020

    Lisl Ponger: Indian(er) Jones I-V (…it belongs in a museum)

    Sonderausstellung im Obergeschoss

    Im Obergeschoss wird mit Indian(er) Jones I-V (…it belongs in a museum) eine Einzelausstellung der Künstlerin Lisl Ponger gezeigt, in der erstmalig alle fünf Fotografien der seit 2010 entstehenden großformatigen Serie Indian(er) Jones zu sehen sind. Indy, wie ihn seine Freunde nennen, kann noch ungehindert Reliquien, Goldobjekten oder Diamanten nachjagen, Hauptsache es sind seltene und wertvolle Artefakte. Nicht um Reichtum geht es ihm, ist er doch Wissenschaftler, ein bei näherer Betrachtung fragwürdiger, aber doch hochgeschätzter Ehrenmann hollywoodscher Prägung. Indian(er) Jones, die fiktive Figur aus Lisl Pongers inszenierter Fotoserie hingegen, spielt ganz andere Rollen. Er ist Fotograf im Bild Fact or Truth (2010), Museumsdirektor in  Das Glasperlenspiel (2010) und in High Stakes (2012) hat er eben eine Pokerpartie gewonnen. In Sueños de Mundos Nuevos (Dreams of New Worlds) (2013) trifft er als Banker auf die mexikanische Frau Tod (La Catrina) und in Free Trade – A Pipe Dream (2019) findet er sich in einer Opiumhöhle wieder.

  • Gespräch

    Ort: Kunsthaus

    Mi, 9. Okt 2019, 20 Uhr

    Verlorene Mitte?

    Prof. Dr. Michael Hofmann (Soziologe, Friedrich-Schiller-Universität Jena und außerplanmäßiger Professor für Soziologie an der TU Dresden) im Dialog mit Nikolai Brandes (Diplompolitologe, Postdoctoral Researcher am Dänischen Nationalmuseum)
    Moderation: Raiko Hannemann (Historiker, Philosoph und Politikwissenschaftler, Alice Salomon Hochschule Berlin).

    Als Antwort auf die künstlerischen Thesen der Ausstellung wird Prof. Dr. Michael Hofmann einen Beitrag zu Erfahrungen und Definitionen der Mittelschicht in der DDR sowie der Nachwendezeit unter dem Titel „Das Loch in der Mitte“ halten. Das zu DDR-spezifischen und transnationalen Transformationsprozessen findet im Dialog mit dem Diplompolitologen und Kunsthistoriker Nikolai Brandes statt. Er ist seit 2018 als Postdoktorand am Dänischen Nationalmuseum und Teil des „Middle Class Urbanism“ -Projekts. Nikolai Brandes widmet sich in seinem Beitrag der Geschichte einer mosambikanischen Wohnsiedlung für Hochschulangestellte, die ab 1979 in Zusammenarbeit mit Planungsbueros und Bauunternehmen aus der DDR entstand und den Anspruch des postkolonialen Staates illustrierte, globale – sozialistische – Mittelschichtsmodelle in den eigenen Kontext zu uebersetzen. Während die gegenwärtig breit diskutierten Wohnarchitekturen der wachsenden neuen Mittelschichten Afrikas auch in Mosambik vor allem chinesischen Vorbildern folgen, blieben die Transformationen und Nachwirkungen der DDR-Baukultur in Afrika bisher unbeachtet.

    Die Moderation übernimmt der Historiker und Philosoph Raiko Hannemann, sein Forschungsinteresse gilt der Nachkriegsmoderne, DDR-Geschichte und umfasst im Speziellen auch die Demokratieentwicklung in Deutschland.

     

  • Gespräch

    Ort: Kunsthaus

    Mi, 13. Nov 2019, 19 Uhr

    Vom Umgang mit indigenem Wissen

    Podiumsgespräch mit Lisl Ponger (Künstlerin und Leiterin des MuKul – Museum für vertraute und fremde Kulturen, Wien), Gabriel Rosell-Santillán (Künstler, Berlin) und Rajkamal Kahlon (Künstlerin, Berlin). Moderation: Christiane Mennicke-Schwarz (Leiterin Kunsthaus Dresden)

    Die Begegnung mit anderen Erdteilen und Kulturen und vor allem die Aneignung des Wissens Anderer beeinflusste und veränderte die westliche Welt auf radikale Weise. Dabei verlief die Aneignung von Kontinenten, Ressourcen und Wissen auf paradoxe Weise parallel zu einer Strategie der ‚Exotisierung’ und Abwertung eben jener Menschen und Wissensträger, über deren Ressourcen gewaltsam verfügt wurde. Bis heute ist unsere Sicht auf die Welt kontaminiert durch einen (ethnologischen) Blick, der Menschen und Gegenstände in Kategorien des ‚Fremden’ und ‚Vertrauten’ sortiert, und zugleich ohne zu Zögern kulturelles Wissen verwertet. Welche Rolle spielt indigenes Wissen heute in der zeitgenössischen Kunst und ist es möglich, andere Blicke auf Welt zu bewahren oder wieder zu aktivieren? Wie können Künstler*innen aktiv mit nicht-westlichem Wissen arbeiten, ohne Strategien der Ausbeutung fortzusetzen?

    Die österreichische Künstlerin Lisl Ponger ist Kuratorin des MuKul- Museum, als Beitrag zum Gespräch zeigt sie Ausschnitte aus ihrer Arbeit The Master Narrative und Don Durito im ‚Weltmuseum’ in Wien. Rajkamal Kahlon wuchs in den USA auf und lebt und arbeitet in Berlin. In ihrem künstlerischen Werk bearbeitet sie Bildmaterial des Kolonialismus –ethnografische Bücher oder pathologische Berichte aus militärischen Kontexten. Für ihre Ausstellung Staying with Trouble ebenfalls im Weltmuseum in Wien wie auch aktuelle Arbeiten setzt sich Kahlon mit ethnographischen Porträtfotografien im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert auseinander. Der künstlerische Fokus des in Mexiko Stadt geborenen und in Berlin lebenden Künstlers Gabriel Rossell Santillán liegt auf der Transformation kulturellen Wissens und ethnographischen Feldarbeiten in Stuttgart, in Nayarit (Mexiko) bei der Huichol Gemeinde sowie im Ethnologischen Museum Berlin-Dahlem. Die anschließende Diskussion handelt von den (Un-)Möglichkeiten der ethnologischen Perspektive zu entkommen. Moderation: Christiane Mennicke-Schwarz

     

    Abbildung: Rajkamal Kaholn: aus der Serie Völker der Erde, 2017 (Foto: Rajkamal Kahlon)

  • Gespräch

    Ort: Kunsthaus

    Fr, 15. Nov 2019, 19 Uhr

    Sozialistische Cowboys - Von Indianisten und Cowboys zwischen May und Marx

    Podiumsgespräch mit Robin Leipold (Kurator des Karl May Museums in Radebeul), Jens-Uwe Fischer (Historiker, Autor und Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg) und Gerhard ›Gerry‹ und Heike Fischer (Hobby-Indianisten und Leiter des Indianerclubs ›The Buffalos‹, Röderau).
    Moderation: Christiane Mennicke-Schwarz (Leiterin Kunsthaus Dresden)

    In Dresden wurde in den späten 20er Jahren des letzten Jahrhunderts einer der ersten Indianer- und Westernclubs Deutschlands gegründet, der sich nach kriegsbedingter Pause 1956 in der DDR als „Old Manitou“ neu gründete und bis heute besteht. Die ersten Indianerfreunde waren konservative Karl-May-Fans mit einem eher folkloristischem Indianerbild, doch bald entstanden an vielen Orten zunächst ebenfalls Westernvereine und später Indianistenvereine, die sich ab den 1970er Jahren verstärkt auch politisch engagierten und mit den US-amerikanischen Natives solidarisierten. Jens-Uwe Fischer hat gemeinsam mit Friedrich von Borries in seinem Buch „Sozialistische Cowboys – Der Wilde Westen Ostdeutschlands“ (Suhrkamp, 2008) einen Blick auf die Szene geworfen und wird sich im Podiumsgespräch mit Robin Leipold, Kurator des Karl May Museums Rabebeul über die Kultur der Indianisten und die jeweils eigenen biographischen Erfahrungen im Heranwachsen mit dem Thema austauschen. Zu Gast sind außerdem Gerhard (Gerry) Fischer und seine Frau Heike, beide aktive Hobby-Indianisten aus dem Indianerclub „The Buffalos“ in Röderau bei Zeithain.

    Die Veranstaltung findet in Kooperation mit dem KarlMay Museum Radebeul statt.